Gewohnheiten sind faszinierend und gleichzeitig frustrierend. Wir alle haben sie, und wir alle haben schon versucht, die eine oder andere zu ändern oder uns neue anzueignen. Daher wissen wir in der Regel, wie schwierig es ist. Aber warum ist das so? Warum gelingt es so selten, Gewohnheiten wirklich zu ändern? Mit den heutigen Möglichkeiten der Forschung können wir uns für diese Antwort auf eine Reise ins Gehirn begeben und die wissenschaftlichen Gründe hinter dieser Herausforderung erkunden.
Der Prozess der Gewohnheitsbildung:
Um zu verstehen, warum es so schwer ist, Gewohnheiten zu ändern, müssen wir uns zunächst den Mechanismus ihrer Bildung anschauen. Gewohnheiten werden durch ein Zusammenspiel verschiedener Gehirnbereiche gebildet und aufrechterhalten, werden nicht bewusst und willentlich gesteuert, sondern quasi automatisch in den Basalganglien des Gehirns, also die automatische Aktivierung von Verhaltensweisen in Reaktion auf Auslösereize, auch Cues genannt. Dieser Prozess spart Energie und ermöglicht es uns, repetitive Handlungen ohne große Anstrengung auszuführen. Dies erklärt, wie es möglich ist Dinge zu lernen und dann ohne noch darüber nachzudenken auszuführen und warum dann es schwierig ist, diese automatisierten Verhaltensmuster zu wieder verändern, denn sie laufen dann zum größten Teil unbewußt ab.
"Das Rauchen ist eine über Jahre erlernte [lange Zeit sozial anerkannte], täglich wiederholte Gewohnheit, die mit sehr vielen Auslösereizen verknüpft ist.
Die Kippe zum Kaffee, beim Autofahren, in Pausen, nach dem Essen, nach dem Sex – wie sehr diese Ritualzigaretten den Alltag von Raucherinnen und Rauchern bestimmen, merkst [sic] sie erst, wenn sie nicht mehr rauchen." Auch Anbieter von allerlei Hilfen zur Rauch-Entwöhnung machen sich wissenschaftliche Erkenntnisse zunutze.
Warum sind Gewohnheiten schwer zu verändern?
Herausforderungen bei der Veränderung von Gewohnheiten meistern:
Es gibt mehrere Gründe, warum es schwierig ist, Gewohnheiten zu ändern. Einmal ist es ein energieeffizienter Prozess, Gewohnheiten beizubehalten, da unser Gehirn weniger Aufwand betreiben muss, um sie auszuführen. Weiterhin kann Stress es erschweren, neue Verhaltensweisen anzunehmen, da wir in stressigen Situationen oft auf bewährte Muster zurückgreifen. Und dann erfordert die Umstellung auf neue Gewohnheiten oft einen langen Übungszeitraum von bis zu sechs Monaten, um sie nachhaltig zu etablieren. Was ist zu beachten?
1. Unbewusste Steuerung: Gewohnheiten werden größtenteils unbewusst gesteuert. Das bedeutet, dass sie sich außerhalb unserer bewussten Kontrolle abspielen und somit schwer zu erkennen und zu beeinflussen sind.
2. Energiesparend, aber schwer veränderbar: Gewohnheiten sind energieeffiziente Automatismen, die es uns ermöglichen, alltägliche Handlungen mit minimalem Aufwand auszuführen. Dieser Energiesparmodus macht Gewohnheiten zwar effizient, aber auch schwer zu verändern, da sie tief in unserem neuronalen Netzwerk verwurzelt sind.
3. Einfluss von Stress: Stress kann die Umsetzung von Veränderungen erschweren. Wenn wir gestresst sind, neigen wir dazu, in alte Gewohnheiten zurückzufallen, da sie uns ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit geben. Die Umstellung auf neue Verhaltensweisen erfordert zusätzliche Anstrengungen und Ressourcen, die unter Stressbedingungen begrenzt sind.
4. Zeit und Übung: Gewohnheitsänderungen erfordern Zeit und Übung. Studien haben gezeigt, dass es bis zu sechs Monate dauern kann, um eine neue Gewohnheit zu etablieren. Dies liegt daran, dass das Gehirn Zeit braucht, um neue neuronale Verbindungen aufzubauen und alte zu schwächen.
Die Rolle von Cues: Gewohnheiten werden oft durch Auslösereize oder Cues aktiviert. Diese Reize können externe Faktoren wie Orte oder Situationen sein, aber auch innere Zustände wie Emotionen oder Gedanken. Wenn wir versuchen, eine Gewohnheit zu ändern, müssen wir auch die Cues überwinden, die sie auslösen.
Der Mechanismus der Gewohnheitsbildung: Um zu verstehen, warum es so schwer ist, Gewohnheiten zu ändern, müssen wir uns also zunächst den Mechanismus ihrer Bildung anschauen. Gewohnheiten werden nicht bewusst und willentlich gesteuert, sondern automatisch durch Auslösereize (Cues) in den Basalganglien aktiviert. Dieser Prozess spart Energie und ermöglicht es uns, repetitive Handlungen ohne große Anstrengung auszuführen. Dies erklärt, warum es dann wiederum schwierig ist, diese automatisierten Verhaltensmuster zu verändern.
Der Weg zum Erfolg:
Um Gewohnheiten erfolgreich zu ändern, müssen wir verschiedene Strategien anwenden:
Bewusste Aufmerksamkeit: Indem wir uns bewusst werden, welche Gewohnheiten wir ändern möchten und warum, setzen wir den Frontallappen in Gang und erhöhen die bewusste Steuerung.
Neue Cues etablieren: Um alte Gewohnheiten zu durchbrechen, können wir versuchen, neue Cues einzuführen, die mit den gewünschten Verhaltensweisen in Verbindung stehen. Zum Beispiel könnten wir eine Erinnerung am Telefon einstellen, um uns daran zu erinnern, regelmäßig Sport zu treiben.
Umgebung anpassen: Die Gestaltung unserer Umgebung kann einen großen Einfluss auf unsere Gewohnheiten haben. Indem wir unsere Umgebung so gestalten, dass sie das gewünschte Verhalten unterstützt und Hindernisse für unerwünschtes Verhalten minimiert, erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Gewohnheitsänderung.
Belohnungssystem nutzen: Gewohnheiten werden durch das Belohnungssystem im Gehirn verstärkt. Indem wir positive Belohnungen mit den gewünschten Verhaltensweisen verknüpfen, motivieren wir uns selbst und stärken das Verlangen nach der neuen Gewohnheit.
Geduld und Durchhaltevermögen: Gewohnheitsänderungen sind kein schneller Prozess. Es erfordert Geduld, Durchhaltevermögen und die Bereitschaft, Rückschläge zu akzeptieren. Es ist wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern immer wieder aufzustehen und weiterzumachen.
Gewohnheiten prägen also unser tägliches Leben und beeinflussen unsere Handlungen und Entscheidungen. Obwohl wir uns manchmal bewusst sind, dass wir bestimmte Gewohnheiten ändern sollten, scheint es oft eine zu große Herausforderung zu sein, diese Veränderungen umzusetzen. Die Wissenschaft hat uns jedoch Einblicke in die Mechanismen gegeben, die hinter der Schwierigkeit, Gewohnheiten zu ändern, stecken. Das Rubikonmodell der Handlungsphasen ist ein motivations-psychologisches Modell entwickelt von Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer, mit dem einzelne Handlungsschritte zunächst in vier formelle Phasen eingeteilt werden. Es bietet einen Ansatz, der uns helfen kann, erfolgreich Veränderungen herbeizuführen.
Selbstreflexion: In der Vorbeschlussphase des Rubikon-Modells werden mögliche Veränderungen erwogen. Werden Sie sich bewusst darüber, welche Gewohnheiten Sie ändern möchten und warum. Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Ziele zu überdenken und zu formulieren und eine klare Vision für die gewünschten Veränderungen zu entwickeln.
Planung und Strategie: In der Beschlussphase erfolgt die Entscheidung, die Veränderung umzusetzen. Sie werden sich realistische Ziele setzen und Strategien entwickeln, um Hindernisse zu überwinden. Identifizieren Sie potenzielle Auslöser oder Cues, die zu Ihrer alten Gewohnheit führen, und überlegen Sie, wie Sie diese verändern oder umgehen können. Fassen Sie (am besten schriflich) einen bewussten Entschluss!
Unterstützungssysteme: Während der Handlungsphase werden konkrete Schritte unternommen, um die gewünschte Veränderung umzusetzen. Es ist eine mächtige Ressource, sich ein unterstützendes Umfeld zu schaffen.und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Vielleicht teilen Sie Ihre Ziele und Pläne mit Freunden, Familie oder Kollegen und Vorgesetzten, die Sie unterstützen können. Suchen Sie gegebenenfalls auch nach professioneller Hilfe (Coach).
Belohnungen und Motivation: Beobachten Sie, welche Erfolge Sie machen. Achten Sie in der Aufrechterhaltungsphase darauf, sich selbst Belohnungen zu geben, wenn Sie Fortschritte machen. Feiern Sie kleine Erfolge und erinnern Sie sich regelmäßig an Ihre Motivation, um Ihre neuen Gewohnheiten beizubehalten. Denn diese Phase sichert den langfristigen Erhalt der neuen Gewohnheiten. Es ist wichtig, sich auf positive Verstärkungen und Belohnungen zu konzentrieren, um die Motivation aufrechtzuerhalten. Es kann auch hilfreich sein, Rückfälle als Teil des Prozesses anzuerkennen und aus ihnen zu lernen, anstatt sich selbst zu bestrafen.
Inzwischen können wir das Rubikon-Modell mit bahnbrechenden zusätzlichen Erweiterungen durch Dr. Maja Storch/ Dr. Frank Krause (ZRM) und Prof. Dr. Siegfried Greif einsetzen, die die Wirksamkeit von Coaching entscheidend verbessern. Hierzu in Kürze mehr in einem eigenen Beitrag.
Das Rubikon-Modell bietet eine Struktur, um den Veränderungsprozess zu verstehen und gezielte Maßnahmen zu ergreifen. Indem es die Veränderung in verschiedene Phasen unterteilt, ermöglicht es eine gezieltere Herangehensweise an jedes Stadium.
Fazit: Gewohnheiten sind tief in unserem Gehirn verwurzelt und werden automatisch durch Auslösereize aktiviert. Das macht es schwierig, Gewohnheiten bewusst und nachhaltig zu verändern. Indem wir uns jedoch bewusst werden, wie Gewohnheiten entstehen und welche Faktoren sie aufrechterhalten, können wir gezielt Strategien einsetzen, um neue Gewohnheiten zu etablieren. Es erfordert Zeit, Übung, Geduld und eine bewusste Anstrengung, aber es ist möglich, Gewohnheiten zu ändern und unser Verhalten positiv zu beeinflussen. Die Veränderung von Gewohnheiten kann eine erhebliche Herausforderung darstellen, aber das Rubikon-Modell gibt der angestrebten Veränderung eine hilfreiche Struktur, um den Prozess zu verstehen und erfolgreich umzusetzen. Durch bewusste Selbstreflexion, klare Zielsetzung, das einbeziehen unbewußter Motive (ZRM), strategische Planung und Unterstützungssysteme können wir unsere Gewohnheiten transformieren und positive Veränderungen in unserem Leben bewirken. Denken Sie daran, dass es Zeit und Ausdauer erfordert, um neue Gewohnheiten zu etablieren, aber mit der richtigen Herangehensweise können Sie den "Rubikon überqueren", "an Bord gehen", "in See stechen" und erfolgreich Veränderungen schaffen.
Literatur: Duhigg, C. (2014). Die Macht der Gewohnheiten. Warum wir tun, was wir tun. München: Piper.
Gollwitzer , P. M., Kuhl, J. & Heckhausen, H. (1996). Das Rubikonmodell der Handlungsphasen. In Motivation, Volition und Handlung (S. 531 582). Göttingen: Hogrefe.
Gollwitzer, P. M., Kuhl, J., & Heckhausen, H. (1996). Das Rubikonmodell der Handlungsphasen: in Kuhl, J., & Heckhausen, H. (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie, Bd 4, Motivation, Volition und Handlung S . 531 582), Göttingen: Hogrefe.
Gollwitzer, P. M. & Sheeran , P. (2006). Implementation intentions and goal achievement : A meta analysis of effects and processes . Advances in Experimental Social Psychology , 38 , 69 120.
Gollwitzer, P. M., Wieber , F., Myers, A. L. & McCrea , S. M. (2010). How to maximize implementation intention effects , in: C. R. Agnew, D. E. Carlston , W. G. Graziano & J. R. Kelly (Hrsg.), Then a miracle occurs : Focusing on behavior in social psychological theory and research ..(S. 137 161). New York, NY US: Oxford University Press.
Greif, S. (2013). Putting goals to work in coaching : The complexities of implementation . In S. David, D. Clutterbuck & D. Megginson (Hrsg.), Beyond goals : Effective Strategies for Coaching and Mentoring (S. 125 149). Farnham , Surrey, UK: Gower.
Greif, S. & Benning-Rohnke, E. (2015). Konsequente Umsetzung von Zielen durch Coaching Praktisch nützliche Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung und ihre Anwendung. Coaching Forschung und Praxis, 1 1), 25 35.
Heckhausen, H., Gollwitzer, P. M. & F. E. Weinert (Hg.), Jenseits des Rubikon. Der Wille in den Humanwissenschaften, Berlin u. a.: Springer, 1987, S. 121–142.
Lally, P., Jaarsveld , C. H. M., Potts, H. W. W. & Wardle , J. (2010). How are habits formed : Modelling habit formation in the real world . European Journal of Social Psychology , 40 (6), 998 1009.
Leder, S. (2013), Telefon Shadowing: Wirksamkeit einer neuen Coaching Methode zur Umsetzung von Verhaltensänderungen. Diplomarbeit, Universität Bielefeld Arbeits und Organsiationspsychologie
Roth, G. & Herbst, S. (2019), Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern -
Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten, Klett-Cotta.
Stacey, R. (1996). Emerging Strategies for a Chaotic Environment.
Long Range Planning: International Journal of
Strategic Management, 29 (2), 182 189.
Storch , M. (2004). Crossing Your Personal Rubicon. Scientific American Mind, 14 (5), 94 95.
Storch, M., & Krause, F. (2002). Selbstmanagement ressourcenorientiert . Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell ZRM . Bern: Huber
Comments